Handelskonflikte – Eskalationsphase
Die globalen Handelskonflikte haben in der vergangenen Woche eine neue Eskalationsstufe erreicht. Die US-Regierung erhöhte die Einfuhrzölle auf chinesische Produkte auf 145 %, woraufhin China mit einer Anhebung auf 125 % für US-Waren reagierte. Am Wochenende wurde eine partielle Ausnahme für elektronische Hardware bekannt gegeben. Darüber hinaus wurden die reziproken Zölle ausserhalb Chinas um 90 Tage ausgesetzt; in der Zwischenzeit gilt ein interimistischer Satz von 10 %. Der aggregierte US-Zollsatz bleibt unter den derzeitigen Rahmenbedingungen oberhalb von 20 %. Die bilateralen Handelsrestriktionen zwischen den USA und China führen faktisch zu einer Unterbindung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs und sollten daher als erster Schritt eines umfassenderen wirtschaftspolitischen Verhandlungsprozesses interpretiert werden. Wir rechnen mit strukturellen Fortschritten in diesem Dialog, erwarten jedoch keine kurzfristige Lösung. Unser Basisszenario geht von einer globalen Wachstumsabschwächung aus, initiiert durch die USA. Frühindikatoren deuten auf einen potenziellen Wachstumsverlust von 0,5 bis 1 Prozentpunkt für das Jahr 2025 infolge der jüngsten Massnahmen hin – eine belastbare Prognose setzt allerdings stabile regulatorische Rahmenbedingungen voraus. Sowohl ein länger andauernder Handelskonflikt als auch anhaltende politische Unsicherheit stellen signifikante Abwärtsrisiken für die globale Konjunktur dar und erhöhen die Eintrittswahrscheinlichkeit rezessiver Szenarien.
Kapitalmärkte – Tektonische Verschiebungen
Die Zuspitzung des Handelskonflikts löste die volatilste Handelswoche seit der Finanzkrise 2008 aus. Der Volatilitätsindex VIX verharrte über weite Strecken im Bereich von 50 bis 60 – ein historisch hohes Niveau. US-Aktienmärkte verzeichneten am Montag signifikante Kursverluste, erholten sich am Mittwoch nach der Ankündigung der Zollausnahmen jedoch markant und legten innerhalb eines Tages um 10 % zu. An den Folgetagen setzte erneut Schwäche ein. Die Spreads von US-Hochzinsanleihen (High Yield) weiteten sich auf nahe 500 Basispunkte aus, während Investment-Grade-Spreads auf knapp unter 90 Basispunkte anstiegen. Europäische und asiatische Märkte reagierten korrelierend, jedoch mit geringerer Amplitude. Risikoanlagen preisen derzeit ein erhöhtes Rezessionsrisiko ein, jedoch ist dieses noch nicht vollständig reflektiert. In typischen Rezessionsphasen sind Bewertungsniveaus und Risikoprämien üblicherweise noch ausgeprägter. Die Geschwindigkeit der Marktbewegung war auffälliger als das absolute Ausmass – mutmasslich ausgelöst durch umfangreiche De-Risking-Massnahmen seitens gehebelter und long-only Investoren. Im Segment hochwertiger Unternehmensanleihen erkennen wir selektiv Opportunitäten, gehen jedoch weiterhin von einem volatilen Marktumfeld mit potenziellem Abwärtsspielraum aus.
Zinsmärkte – Anstieg der US-Risikoprämien
In der vergangenen Woche zeigten US-Aktien, langlaufende Staatsanleihen sowie der US-Dollar eine ungewöhnlich hohe positive Korrelation. Der EUR/USD-Kurs überschritt die Marke von 1,14 – den höchsten Stand seit Anfang 2022. Die Rendite 30-jähriger US-Staatsanleihen liegt aktuell knapp unter 5 %, wobei der Renditeanstieg überwiegend auf reale Zinserhöhungen zurückzuführen ist – die Inflationserwartungen (Breakeven-Raten) gingen deutlich zurück. Die realen Renditen am langen Ende bewegen sich nahe historischer Höchststände und notieren etwa 85 Basispunkte über den entsprechenden Swap-Sätzen. Der Markt verlangt demnach eine zusätzliche Kreditrisikoprämie für US-Staatsanleihen. Teile dieser Bewegung sind technischer Natur und reflektieren Kapitalrückführungen aus übergewichteten US-Vermögenswerten. Dennoch ist dies als bedeutendes Warnsignal für Fiskalpolitik und Federal Reserve zu verstehen. Ein anhaltendes „BTP-artiges“ Narrativ für US-Treasuries erscheint aufgrund der fundamentalen Stärke der US-Makrodatenlage und der Markttiefe als unwahrscheinlich. Gleichwohl dürfte erhöhte Unsicherheit die Funktion von Staatsanleihen und Währungen als natürliche Absicherungsinstrumente einschränken. Wir erwarten kurzfristig keine aktive Intervention der Federal Reserve, jedoch könnten bei weiterer Marktinstabilität zumindest verbale Markteingriffe erfolgen.
EZB – Wende zu expansiver Geldpolitik absehbar
Am kommenden Donnerstag tagt der EZB-Rat zur geldpolitischen Lagebeurteilung. Der konjunkturelle Ausblick für die Eurozone hat sich gegenüber der März-Sitzung signifikant eingetrübt und ist von gesteigerter Unsicherheit geprägt. Die neuen US-Zölle treffen europäische Exporte mit einem Mindestbelastungssatz von 10 %, gleichzeitig wirken sie dämpfend auf importierte Inflationsimpulse. Der Euro zeigt sich trotz gegenteiliger Modellerwartungen der EZB in einem Aufwertungstrend. Diese Entwicklungen verschieben die Risikobalance eindeutig in Richtung einer expansiveren Ausrichtung. Die März-Prognosen der EZB erschienen angesichts der neuen Faktenlage übermäßig optimistisch, insbesondere in Bezug auf das Wechselkursniveau. Wir erwarten eine Leitzinssenkung um 25 Basispunkte, halten jedoch auch eine substanziellere Anpassung der Forward Guidance für möglich.
Algebris Investments’ Global Credit Team
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